Wiki Hochschullehre

From Academy-Wiki

Sind Wiki-Artikel das goldene Fell des Schafes Suidas?

Titel geändert nach Feedback

Alternativer Titel 1: Wiki-Websites als hilfreiche Tools in der Hochschullehre
Alternativer Titel 2: Warum Wikis in der Hochschullehre eingesetzt werden sollen

Der Einsatz von Wikis in der Hochschullehre hat Grenzen. Ein Wiki sollte befristeten oder relativ kurzen, unbefristeten Projekten dienen, die von Gleichgesinnten getragen werden, die ihr Wissen tauschen und aktualisieren möchten. Nur dann werden die Vorteile der durch das Wiki entstandenen Kollaboration zum Tragen kommen.


„Ich gestehe, aber mahne: Wenn Suidas auch ein Vieh ist, dann ein goldenes, und er trägt ein Fell aus edlerem Metall!“ (fateor, sed admoneo, utcumque pecus Suidas est, auream tamen esse, & e meliore metallo vellus ferre, Justus Lipsius, Opera Omnia Vol. 3, Hoogenhuysen, Wesel 1670, S. 223 f.)

So schrieb der Humanist Justus Lipsius (1547-1606) über den sagenhaften Autor seines beliebten Nachschlagewerks, der im 10. Jahrhundert veröffentlichten Suda.

Trotz groben Abschrift- und Deutungsfehlern und oft fehlenden Quellenangaben blieb das älteste enzyklopädische Lexikon der Welt auch nach 600 Jahren ein wertvolles Werkzeug für Wissenschaft und Bildung.

Bei Wikipedia lautet das Zitat:

„Suidas ist ein Schaf, aber ein Schaf mit goldener Wolle“ https://de.wikipedia.org/wiki/Suda

und der Nutzer Tusculum war sich am 12. April 2017 um 22:01 Uhr doch nicht mehr so sicher, ob Lipsius das war, der es schrieb, oder vielleicht eher Denis Lambin (gest. 1572). Zu seinem Zweifel gab er keinen Beleg.

Die Information wurde beibehalten und ein Grammatikfehler wurde durch einen anderen ersetzt. Im Original stand ein Adjektiv im Femininum, auream, zusammen mit einem Neutrum, pecus; bei Wikipedia wird das korrigiert, aber sed wird ohne Negation verwendet.

Interessanterweise wurde die Möglichkeit genannt, dass mehrere Autoren zum gleichen Zeitpunkt denselben Gedanken äußerten.

Quellenangabe gibt es am 14. September 2022 um 11:04 immer noch keine, obwohl Google und Zotero diese im Mittelalter oft unmögliche Arbeit des Zitierens jetzt erheblich erleichtern. Als Wissenschaftler ist man nun einmal faul, das waren die Humanisten schon in der Renaissance, das sind wir, und das sind immer noch die Studenten des 21. Jahrhunderts. Was man aber einmal im Studium gehört hat, sollte nicht verloren gehen, denn es gehört zur Allgemeinbildung eines Gelehrten.

Wozu dient Wikipedia eigentlich?

Wenn man das auch nicht weitersagt, weisen Logs der Uni-Server und -Router intensive Nutzung verschiedener Wiki-Websites nach, dies auch während Sprechstunden und Vorlesungen, auch mit den von der Hochschule bereitgestellten Computern. Vor allem werden genau diejenigen Wiki-Webseiten am Meisten besucht, die die Themen behandeln, die in der hiesigen Hochschullehre auch behandelt werden.

Ab und zu gerät eine IP-Adresse der Hochschule in die Öffentlichkeit, wenn jemand enthusiastisch genug war, um eine noch nicht existierende Wikipedia-Seite zu erstellen, oder einfach einen Fehler verbessern hat wollen, oder sich darüber geärgert hat, dass ein zweifelhafter Standpunkt als Doxa ausgegeben wurde.

Mancher Dozent ist zur Erkenntnis gelangt, dass er sich zum einen langweiliges Wiederholen von Basiswissen ersparen, zum anderen sich und seiner Hochschule Werbung machen kann, indem er einige Vorlesungen auf Wikiversity veröffentlicht.

Überblick über alle zurzeit von Hochschulen auf Wikiversity durchgeführten Projekte und Kurse sowie über Seiten, die den Einstieg in Fächer ermöglichen, zu denen auf Wikiversity Lehr- und Lernmaterial gesammelt worden ist, hier: Wikiversity:Hochschulprogramm.

Neben der Verbreitung von Lehr- und Lernmaterial für Hochschule, Schule und Selbststudium unter der Aufsicht qualifizierter Akademiker bietet Wikiversity, ein Projekt der Wikimedia Foundation, Möglichkeiten zum gemeinschaftlichen Erstellen von Open Educational Resources (freie Lehr- und Lernmaterialien), sodass sich auch Studenten ihren (Nick-)Namen verdienen können, indem sie mitschreiben – jetzt aber öffentlich.(https://de.wikiversity.org/wiki/Kurs:Syntax_der_Vorfeldbesetzung_(SS_2018))

Wenn Studenten die Gelegenheit bekommen, durch die Veröffentlichung kleinerer Schriften ein positives Feedback zu erwerben, überwinden sie die Schreibhürde vor der Hausarbeit leichter.(Moskaliuk J., Kimmerle J., „Wikis in der Hochschule – Faktoren für den erfolgreichen Einsatz“, in Didaktisches Design, e-teaching.org, Leibniz-Institut für Wissensmedien, Universität Tübingen, 19. November 2008, https://www.e-teaching.org/didaktik/kommunikation/wikis/08-11-19_Moskaliuk-Kimmmerle_Wikis.pdf, S. 10 f).

Ferner bekommen sie dadurch eine erste Erfahrung von Peer Reviewing und kollektiver Arbeit an Projekten, die sowohl in der Forschung als auch im Unternehmen von Nutzen sein wird.

Ein privates Wiki?

Vor allem gemeinsame Projekte lassen sich eher mithilfe eines privaten Wikis als mit dem traditionellen Moodle erarbeiten, denn dieses Kollaborationstool ermöglicht die Mitarbeit mehrerer Nutzer und Maschinen an derselben Datei, wobei sowohl kleinere als auch größere Fehler im Nu verbessert werden können, indem ein alter Zustand der Datei wieder abgerufen wird. Dabei mutet ein Wiki-System viel intuitiver an als ein einfaches GIT.(https://pages.cms.hu-berlin.de/cms-webtech/gitlab-documentation/docs/git-befehle/)

Aus Claudia Bremers Beitrag zum Sammelband „Wikis in Schule und Hochschule“ (Universität Frankfurt, 2012) kann man folgern, dass Wikis keine dauerhaften Medien sind, sondern vielmehr Werkzeuge der Wissensübertragung und -verknüpfung. Als asynchrones Medium mit mehreren Autoren steht das Wiki in Ebersbachs Dreiecksmodell der Kommunikation am Weitesten entfernt von Information und Beziehungspflege und am Nächsten zu Kollaboration, im Kontrast zu Social Sharing, das eher die Information fördert, und zum Social Network, das fast nur der Beziehungspflege dient. (Bremer C., „Wikis in der Hochschullehre“, in Beißwenger M., Anskeit N., Storrer A. (Hrsg.), „Wikis in Schule und Hochschule“, Werner Hülsbusch Verlag 2012, "https://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/39111/file/Beitrag_Wiki_Bremer_preprint.pdf)

Es muss betont werden, dass der (de jure oder de facto) Administrator eines Servers alle Rechte hat, wenn er sie auch mit seinen Mitarbeitern teilt: Wird eine Seite erstellt, so will sie gefüllt werden; wird sie aber gelöscht, so verschwindet mit ihr auch ihre Entstehungsgeschichte. Deshalb und der reinen Klugheit halber sollte man immer eine eigene Kopie behalten und bei jeder neuen Information, für die man als Urheber mehr als nur die Wertschätzung seiner Kollegen verdienen möchte, sich zweimal überlegen, ob sie ins Wiki gehört.

Wann und Wie?

Damit werden die Eignungen der Wikis abgegrenzt: Es sollte befristeten oder relativ kurzen, unbefristeten Projekten dienen, die von Gleichgesinnten getragen werden, die ihr Wissen tauschen und aktualisieren möchten, wie zum Beispiel:

  • Seminaren
  • Workshops
  • Tutoren- und Studentengruppen bei bestimmten Kursen oder Fächern
  • Lehrer- und Dozentengruppen bestimmter Fachrichtungen
  • Hochschulcampus zur Information und Orientierung
  • gemeinnützigen Projekten
  • gewinnbringenden Projekten, die von der Hochschule oder vom Unternehmen getragen werden

Die WikiHow-Seite über Wikis erklärt genau und einfach, was man noch bedenken und machen muss, um ein Wiki zu erstellen, das dem Bedarf genau entspricht.(https://de.wikihow.com/Eine-Wiki-Webseite-erstellen)

Nachdem man den Bedarf aufs Genaueste bestimmt hat, sollte man noch:

  • Entscheiden, ob das Wiki öffentlich oder privat, auf eigenem Grund oder auf einem gemieteten Server gehostet werden soll;
  • Ein Software wählen (Mediawiki, TikiWiki, Userpress, Dokuwiki) und installieren,
  • Oder aber eine Wikifarm (Wikiversity, Wikia, Wikispaces, Wikispot, Wikidot) wählen und dort das Wiki erstellen;
  • Aussehen und Funktionen einrichten;
  • Andere Nutzer einladen und schulen.
  • den Blogartikel 7 einfache Tipps für deinen erfolgreichen Wiki-Artikel bei der Erstellung von Wiki-Artikeln beachten

Nutzer benötigen laut Bremer etwa zwei Stunden, bis sie selbstständig einen Artikel im Wiki entwerfen können. Was sie dann daraus machen – das ist das goldene Fell des Schafes Suidas!

Feedback Ingemar: Das vorliegende - ich nenne es mal Schriftwerk (nur um keinen definierten Begriff von EPPO missbräuchlich zu verwenden -  zeigt eindeutige Charakteristika von EPPO Topics. Es ist eigenständig und in sich geschlossen, bietet aber auch zahlreiche Verlinkungen, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich mit weiteren Informationen zu versorgen. Weiters wurden die meisten Vorgaben (Titel, Textauszug, Zitate und Links) voll inhaltlich erfüllt, nur die Länge des Artikels - etwas mehr als 1000 Wörter - wurde etwas zu großzügig gestaltet.

Ein wenig verwirrt war ich zu Beginn des Schriftwerks, da ich aufgrund der Überschrift "Wiki-Websites als hilfreiche Tools in der Hochschullehre" nicht mit einem geschichtlichen Abriss gerechnet hatte. Hier wäre eine andere Überschrift eventuell passender. 

Alles in allem ein informatives, für mich aber auch ein spannendes Schriftwerk. :-)